Freitag, Mai 22, 2009

Stresstest für Versicherungsberater

Wenn es sich langsam herumgesprochen hat und immer mehr davon Gebrauch machen, dann ist dies etwas, das dann in anderer Form nicht mehr benötigt wird. Die Rede ist von einem Versicherungsberater, der ins Haus kommt, um einen Antrag für eine Versicherung für den Hausrat, die Privathaftpflicht, oder das Auto aufzunehmen. Schliesslich haben nun die meisten Versicherer, die Selbstbedienungsmöglichkeit auf dem Internet eingerichtet und belohnen ausserdem die Kunden, die davon Gebrauch machen, mit grosszügigen Prämienrabatten.

Das Internet ist inzwischen 20 Jahre alt und der damit verbundene Computer gehört praktisch zur Standardeinrichtung wie Telefon und TV-Gerät, zumindest bei den meisten. Wer zuhause darauf verzichtet, hat wenigstens am Arbeitsplatz Zugang auf die Dienste der Direktversicherer.

Zum Online-Geschäft haben die Versicherer noch zusätzlich ihre Callcenter massiv ausgebaut, um nicht nur inbound Schadenmeldungen entgegenzunehmen, sondern auch outbound neue Kunden anzusprechen, oder bestehenden Kunden Vertragsverlängerungen mit noch günstigeren Konditionen als bisher anzubieten.

Wozu braucht es dann noch einen teueren Aussendienst?
Es braucht ihn, vielleicht sogar mehr denn je, und zwar in den Bereichen, wo Selbstbedienung oder Callcenterberatung nicht greifen. Nur haben noch längst nicht alle im Aussendienst von Versicherungen tätigen Mitarbeiter begriffen, dass sie nicht mehr von Hausrat-, Privathaftpflicht- und Motorfahrzeugversicherungen leben können. Heutzutage ist vielmehr fachliche und kommunikative Kompetenz in den beratungsintensiven Bereichen wie Vorsorge und Finanz, sowie Riskmanagement für KMU gefragt.

Wer jetzt nicht mit der Zeit geht, muss bald mit der Zeit gehen, könnte man spätestens dann denken, wenn man die Beratungsqualitäten vieler Versicherungsberater näher analysiert. Der "Stresstest" auf dem Sales Simulator bringt es unweigerlich an den Tag, was den Kunden so alles auf ihre Fragen geantwortet wird. Da gibt es Berater, die fondsgebundene Lebensversicherungen anbieten, aber nicht erklären können, wie ein Fond funktioniert. Andere haben keinen blassen Schimmer davon, dass ihre Gesellschaft diese Produkte breit und lang auf der eigenen Website bewirbt und sogar mit aktuellen Factsheets ergänzt. Wenn dann im Beratungsgespräch der Kunde wissen will, was man eigentlich unter einer Peergroup versteht, dann will der Repräsentant der Versicherung beim nächsten Gespräch einen Fachmann mitbringen. Wer nach den allerneuesten Produkten wie Variable Annuities fragt, wird dann womöglich an die Entwicklungsabteilung verwiesen?

Eigentlich unvorstellbar, doch gibt es inzwischen Kunden, die aufgrund ihres Interesses und den ausführlichen Darstellungen im Internet mehr über ein Produkt wissen als der Aussendienst, der es nicht einmal für nötig hält, sich zu erkundigen, was seine Gesellschaft überhaupt im Internet zu den neuesten Produkten kundtut.

Wie soll da ein Kunde Vertrauen aufbauen? Vertrauen das nötig ist, um unter den Vertrag seine Unterschrift zu setzen? Wie soll die von den Marketing und Sales - Abteilungen so sehr geforderte Kundenbindung erzielt werden, wenn inkompetente Berater am Werk sind, wo doch Kundenbindung wenn überhaupt, in erster Linie zum persönlichen Berater und weniger zum austauschbaren Produkt oder dessen Markenname entsteht?

Training wäre eine mögliche Lösung des Problems. Aber nicht ein Training "von der Stange", wie es zu Hunderten angeboten wird, sondern ein Training das gezielt auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingeht. Bedürfnisse, die durch einen "Stresstest" am Simulator für jeden einzelnen Trainingsteilnehmer zuerst sichtbar gemacht werden. Ein Training, dessen Notwendigkeit von jedem einzelnen Teilnehmer auch eingesehen und akzeptiert wird. Schliesslich ein Training, das den Transfer in die Praxis als das eigentliche Ziel der gesamten Massnahme und der damit verbundenen Investition sieht.

Erste Ansätze sind vorhanden, aber so lange es noch Generalagenten gibt, die keine Kunden kennen, welche auch Fragen stellen, werden sich noch viele Produktverkäufer mit Hausrat-, Privathaftpflicht-, Motorfahrzeug- und einfachen Lebensversicherungen über Wasser halten müssen, bei einfachen Kunden, die mit einem einfachen Berater zufrieden sind. Denn wie sagte doch kürzlich ein Generalagent einer grossen Versicherungsgesellschaft: "Wir brauchen kein Training, um Kundenfragen zu beantworten, wir stellen die Fragen!"


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ihre Bemerkungen sind interessant. Viele Sachen die mir von Versicherungsberatern erzählt werden, weiss ich selber. Auch hatte ich Erfahrung mit einem "freien" Agenten, (Makler) und diese war für mich nicht viel besser. Spannend war jedoch, dass mein Bankberater ein grosses Versicherungswissen hatte und es gut einbringen konnte, so dass ich profitiert hatte. Er erzählte mir auch, dass er früher bei einer angesehenen Versicherungen arbeitete. Vielleicht gibt es bald nur noch Banken mit Versicherungsabteilungen, statt Versicherungen mit Banklösungen?? Mir als Kunde ist das übrigens völlig egal. Ich hätte gerne Lösungen für meine Anliegen.
J.M.